"DER STANDARD"-Kommentar: "Weg mit Finanzhoheit der Länder" von Andreas Schnauder

Salzburgs Swap-Verluste zeigen, dass Bundesländer Kompetenzen abgeben müssen – ausgabe vom 10.12.2012

Wien (ots) – Wenn Gemeinden und Länder ins Kasino gehen, bedeutet das nichts Gutes. Mag sein, dass viele von ihnen über den Tisch gezogen worden sind. Es ist auch richtig, dass die echte Explosionsgefahr von Zins- und Devisentauschgeschäften erst seit Ausbruch der Finanzkrise breiteren Schichten bewusst wurde. Doch ein wenig Hausverstand hätte geholfen. Dass Geschäfte, die man nicht versteht, besser nicht angegriffen werden sollten, gilt ja nicht seit gestern. Dabei waren und sind Gebietskörperschaften die schönsten Opfer. Hohe Bonität und ständiger Finanzbedarf sind für die Banken gleichsam eine Garantie, dass Geschäfte mit Ländern und Gemeinden immer Hochblüte haben werden. Ein geringes Verantwortungsbewusstsein, weil man ja nicht das eigene Geld verzockt, beflügelt den Leichtsinn, der die späteren Verluste einbringt. Dass die öffentliche Hand in der Regel nicht gescheiter wird, ist am Beispiel Salzburg bestens ersichtlich. Alle Warnungen wurden in den Wind geschlagen, 2010 erfolgte dann auch noch die Spekulationsermächtigung per Landtagsbeschluss. Im Nachhinein hat niemand etwas davon gewusst. So war es in Linz, so ist es in Salzburg. Einmal müssen Sündenböcke her: Entweder die Banken (die in einigen Fällen tatsächlich viel Dreck am Stecken haben), dann wieder einzelne Beamte. Die politische Verantwortung bleibt regelmäßig auf der Strecke. In den meisten Fällen wird ohnehin vertuscht, und zwar parteiunabhängig. Die Intransparenz des roten Salzburgs findet ihren Widerpart im schwarzen Niederösterreich, das blaue Kärnten braucht ohnehin nicht näher beleuchtet werden. Ebenso wenig wie das Derivatevolumen bekannt ist, gibt es keine gesicherten Informationen über Haftungen und andere Zeitbomben. Nun werden wieder Rufe nach einem Spekulationsverbot der Länder und Gemeinden laut, VP-Chef Michael Spindelegger hat die Finanzministerin beauftragt, strengere Regelungen auszuarbeiten. Die Abwicklung des Finanzmanagements von Ländern und Gemeinden über die Bundesfinanzierungsagentur – vor nicht allzu langer Zeit selbst in Fehlspekulationen verfangen – wäre eine Möglichkeit, dürfe aber nicht zur völligen Entmachtung der jeweiligen Gebietskörperschaften führen. Das zeigt schon den Haken an jedem neuen Vorschlag auf: Er wird mit Sicherheit am Einfluss der Länder scheitern. Dabei wäre jetzt die Zeit, die Budgethoheit der Länder an sich zu diskutieren. Sie leben gut von den Ertragsanteilen des Bundes und sind regelmäßig die Ersten, die Bundesstaatsreformen abwiegeln. Selbst bei Schmalspurkorrekturen in Verwaltung oder Gesundheitssystem haben die Länderinteressen oberste Priorität. Dieses System gilt es aufzubrechen, weil sich ein kleines Land wie Österreich drei Verwaltungsebenen – die EU exklusive – nicht leisten kann, und diese auch kein Mensch braucht. Während die Gemeinden – bei allem Reformbedarf – in der unmittelbaren Betreuung der Bürger nicht wegzudenken sind, sollten die Länder leisertreten. Das bedeutet nicht deren Auflösung, aber Gesetzgebung und Budgethoheit würden überflüssig. Schuldenaufnahme würde damit auch der Vergangenheit angehören, womit Spekulationen automatisch Geschichte wären. Die Entmachtung der Länder wäre der richtige Hebel, den Spindelegger aus bekannten Gründen fürchtet.

Rückfragehinweis:
   Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445 

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