"DER STANDARD"-Kommentar: "Die nächste vertane Chance" von Claudia Ruff

Das Thema AUA-Sanierung ist prolongiert – der Streit wird noch viel Geld kosten – Ausgabe vom 2.5.2012

Wien (ots) – Dass die schönsten Träume sehr oft an der harten Realität scheitern, wurde am Dienstag wieder unter Beweis gestellt: In der Wiener Innenstadt marschierten die Gewerkschafter am 1. Mai in gewohnter Manier auf, um an ihre historischen Errungenschaften im Kampf für eine gerechtere Arbeitswelt zu erinnern. Nur wenige Stunden zuvor musste dieselbe Gewerkschaft eine herbe Enttäuschung hinnehmen: Die angestrebte Verhandlungslösung wurde von der AUA-Belegschaft nicht akzeptiert, und das Management hat in der Sekunde den Betriebsübergang auf die bedeutend kostengünstigere Tyrolean eingeleitet. Diese Landung war dann doch ziemlich hart. Sicher, jetzt werden die Gerichte bemüht – nicht alles, was sich die AUA wünscht, wird rechtlich halten. Aber am Betriebsübergang führt kein Weg mehr vorbei. Und die Gewerkschaft wird sich – abseits der wohl auch nicht mehr zeitgemäßen folkloristischen Mai-Paraden – vermehrt mit diesem Thema samt den Folgen für andere Betriebe auseinandersetzen müssen. Die finanzielle Situation der AUA ist seit vielen Jahren kritisch, weil tiefrot. Der Punkt ist: Die AUA steht im internationalen Wettbewerb, kein Passagier zahlt eine Prämie, nur weil er mit der AUA fliegt. Was in der Vergangenheit verabsäumt wurde, muss spät, aber doch auf Druck der Lufthansa passieren: Die AUA muss sich so aufstellen, dass die Ticketpreise, die sie am Markt erzielen kann, mit den eigenen Kosten zusammenpassen. Derzeit klafft da eine große Lücke. Auch die AUA muss ihre Tickets im Ausland verkaufen, und da sind die Konkurrenten Billig-Airlines wie Easyjet oder Ryanair. Die seit Jahren nicht mehr zeitgemäßen Privilegien einiger Altpiloten sind unvereinbar mit der Situation der AUA. Aber was haben in all den Jahren die noch von der Staatsholding ÖIAG eingesetzten Manager gemacht? Nichts, sie wollten sich mit den Piloten offenbar nicht anlegen. Oder sie verkannten die Lage, wie Ex-Chef Alfred Ötsch mit der Aussage: “Die AUA ist saniert.” Auch diverse unfreiwillige Abgänge aus dem Vorstand kosteten das Unternehmen viel Geld. Dass die Airline in Summe mehr braucht als die Reduktion der Gehälter, signalisierte AUA-Vorstand Peter Malanik zu Jahresbeginn: “Selbst wenn die Mitarbeiter aus purem Idealismus um die Hälfte der Gage arbeiten, würde das die AUA nicht in die schwarzen Zahlen bringen.” Trotz des Gegensteuerns wird die AUA auch heuer wieder einen Verlust einfliegen. Ob die Privilegien einiger langjähriger Piloten, die jetzt um viel Geld abgefertigt werden müssen, um dann später gar nicht mehr oder bei der Konkurrenz zu viel schlechteren Bedingungen zu fliegen, den Rosenkrieg rechtfertigen, darf bezweifelt werden. Für das Betriebsklima und die öffentliche Wahrnehmung war die Schlacht entbehrlich. Dass die Bordbelegschaft die Grundsatzvereinbarung nicht goutierte, hängt wohl auch damit zusammen, dass die Piloten in ihrem Arbeitsumfeld gewohnt sind, Entscheidungen auf Basis solider Fakten zu treffen. Und die konnten in der vorgegebenen Zeit nicht vorgelegt werden. Die AUA wird jedenfalls weiter fliegen, ob mit stark oder nur minimal reduzierter Mannschaft. Der neue Konzernkollektivvertrag für AUA und Tyrolean, den das Unternehmen anstrebt, bietet die Chance, dass konzernintern die Gräben beseitigt werden. Ruhe wird aber so schnell nicht einkehren.

Rückfragehinweis: Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: https://www.ots.at/pressemappe/449/aom

 

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